Erfolgszonen im kicker Interactive Manager
Analyse der Effektivität und Effizienz von Spielern in der Saison 21/22
Der kicker Interactive Manager ist der Klassiker unter den “Fantasy Football”-ähnlichen Fußballmanagerspielen zur Bundesliga. Während modernere Alternativen wie Kickbase oder Spitch schier grenzenlose Möglichkeiten der Kaderanpassung liefern, besticht der kicker Manager durch klare begrenzte Gestaltungsgrenzen. Allen Spielern wird ein fester Preis zugeordnet, der die komplette Saison bestehen bleibt, und Änderungen an der eigenen Mannschaft sind nach Saisonbeginn nur begrenzt möglich.
Durch diese Beschränkungen ist der kicker Manager im Vergleich zu den Alternativen mit fluktuierenden Preisen besser mit einem Rucksackproblem zu vergleichen. Ein Rucksackproblem ist eine symbolische Aufgabenstellung, bei der mehrere Gegenstände mit jeweils festem Gewicht und Nutzen so in einen Rucksack mit begrenzter Tragfähigkeit gepackt werden sollen, dass der Gesamtnutzen maximiert wird. Übertragen auf das Managerspiel sollen 22 Spieler mit festem Preis und Punktzahl zu einem Kader mit maximal 42,5 Mio Budget zusammengestellt werden, der die höchste Gesamtpunktzahl erreicht.
Natürlich scheitert der Vergleich an einer kritischen Stelle: die Punktzahl der Spieler ist im Vorhinein nicht bekannt. Der Reiz des Spiels besteht darin, die erreichten Punkte der Spieler selbst einzuschätzen und den Kader auf Grundlage eigener Bewertungen von Faktoren wie Torgefahr, Einsatzzeiten, Leistungen etc. zusammenzusetzen.
Gleichwohl entspricht das optimale Auswahlverfahren der Managerspiels dem des Rucksackproblems, dass die Spieler nicht nur anhand ihrer absoluten Gesamtpunktzahl, ihrer Effektivität, sondern auch ihrer Punktzahl relativ zum Preis, ihrer Effizienz, selektiert werden müssen, um das optimale Ergebnis zu erreichen.
Dafür kann uns eine Analyse der vergangenen Saison, für die die Punktzahlen aller Spieler bekannt sind, helfen. Tatsächlich lässt sich das Optimierungsproblem in diesem Falle lösen und der optimale Kader kann exakt bestimmt werden.1 Die genaue Lösung ist jedoch nur begrenzt hilfreich, da sie lediglich eine kleine Auswahl der besten Spieler zeigt und quasi unmöglich vorherzusehen ist. Mehr hilft eine allgemeine Analyse aller Spieler nach ihrer Effektivität und Effizienz, um Schlussfolgerungen für die kommende Saison ableiten zu können.
Für diese Analyse wurden die Daten der Saison 21/22 im kicker Manager Interactive verwendet, die der kicker selbst zum Download anbietet. Da Torhüter im Managerspiel wie im echten Leben eigenen Regeln folgen, werden diese kein Teil der Analyse sein. Zudem werden mit Hilfe der Daten von StatsBomb, die von fbref zur freien Verfügung gestellt werden, nur Spieler berücksichtigt, die in der genannten Saison mindestens 450 Minuten gespielt haben, da Spieler mit wenig/keinen Einsatzzeiten die Daten stark verzerren und bei der Kaderzusammenstellung normalerweise keine Rolle spielen. Die Berechnung der Effizienz folgt durch die Divison der Gesamtpunktzahl durch den Preis, angezeigt als Punkte pro Million (PpM).
Punkte nach Verein
Offensichtlich erzielen Spieler von erfolgreicheren Vereinen generell auch mehr Punkte. Die effizienten Spieler findet man aber bei den Überraschungsmannschaften, die besser performen als im Allgemeinen angenommen, und damit auch in der Preisgebung vom kicker unterschätzt wurden.
In der Saison 21/22 gab es davon gleich mehrere. Die Plätze 5-8 der echten Bundesligatabelle wurden allesamt von Mannschaften belegt, die nach ihrem Durchschnittsmarktwert im kicker Manager im Mittelfeld liegen: Union Berlin, SC Freiburg, 1. FC Köln und FSV Mainz 05. Alle vier gehören zu den fünf effizientesten Mannschaften und werden vom VfL Bochum, die als Aufsteiger eine sorgenfreie Runde spielten, ergänzt.
Innerhalb dieser Top 5 ist Union trotz der besten echten Platzierung in Sachen Effizienz auf dem letzten Platz, was durch ihren weniger offensiven Fußball erklärt werden kann. Dennoch ist der Durchschnittsspieler von Union mit 58 PpM immer noch doppelt so gut wie der Durchschnittsspieler vom FC Bayern mit 29 PpM, dem letzten Platz im Effizienzranking.
Spieler von Bayern sollten also mit Vorsicht gewählt werden, denn sie holen zwar im Durchschnitt mit 140 die meisten Punkte, erkaufen sich jeden dieser Punkte aber mit viel Budget. Die anderen Topteams sind nicht mal effektiver als die Überraschungs-teams. Ein Spieler von Freiburg holte im Durchschnitt so viele Punkte (130) wie einer von Leverkusen (130), ähnlich bei Köln (124)/Leipzig (125) und Mainz (111)/Dortmund (111).
Ein berechtigter Einwand ist an dieser Stelle, dass für das Managerspiel vor allem die besten Spieler einer Mannschaft und nicht der Durchschnittspieler gefragt sind. Aber auch da stehen die Überraschungsteams den Topteams wenig nach. Lewandowski (383 Punkte) und Nkunku (383) thronen über allen, aber gleich danach folgen Modeste (281) und N. Schlotterbeck (267). Auch die besten Spieler der Überraschungs-mannschaften sind also vergleichbar mit denen der Topteams.
Dass es wichtig für die anstehende Saison ist, Überraschungsteams auszumachen und möglichst viele Spieler davon zu haben, ist keine neue Erkenntnis. Die Analyse zeigt weiter, dass diese Spieler auch in absoluten Zahlen den Topspielern das Wasser reichen können.
Punkte nach Position
Neben der Wahl von Spielern aus den richtigen Teams ist die richtige Verteilung des Budgets auf die einzelnen Mannschaftsteile essenziell. Im Spiel werden alle Feldspieler zu einem der Bereiche “Abwehr”, “Mittelfeld” oder “Sturm” zugeteilt, passend zu ihrer echten Rolle auf dem Platz. Da Tore und Vorlagen im Spiel Extrapunkte geben, haben offensiv veranlagte Spieler einen Vorteil.
Die Grafik zeigt für jede Position einen sogenannten “Boxplot”. Innerhalb der umrandeten “Box” liegen die mittleren 50% der jeweiligen Spieler, d.h. die schlechtesten 25% der Spieler machen weniger Punkte als der untere Rand der Box und die besten 25% der Spieler mehr als der obere Rand der Box. Der durchgezogene Strich innerhalb der Box signalisiert den Median, den Wert, den die schlechtere Hälfte der Spieler maximal holen und die bessere Hälfte der Spieler überbieten. Das Plussymbol kennzeichnet das arithmetische Mittel, also den rechnerischen Durchschnittswert aller Spieler.
Konkret ist zu sehen, dass Stürmer und Mittefeldspieler im Durchschnitt 100 Punkte machen, Abwehrspieler mit 88 Punkten geringfügig weniger. Die mittlere Hälfte der Mittelfeldspieler liegt zwischen 62 und 130 Punkten, dahinter die Stürmer im Bereich [54;123] und die Verteidiger im Bereich [47;118]. Auch hier sind die Unterschiede nicht groß.
Spannender ist der Vergleich der Ausreißer und des Medians. Ausreißer sind Spieler, die außerordentlich viele (oder wenige) Punkte im Vergleich zum Durchschnitt erreichen. Klar zu erkennen sind die vorher genannten Lewandowski, Nkunku und N. Schlotterbeck, Könige ihrer Position. Dabei liegt der Stürmer deutlich vor dem Mittefelfeldspieler deutlich vor dem Abwehrspieler. Zudem bieten Sturm mit Modeste (281 Punkte) und Schick (258) bzw. Mittelfeld mit T. Müller (250) und Grifo (247) zwei weitere Ausreißer.
Beim Median dagegen landet der Sturm (74) hinter Mittelfeld (89) und Abwehr (82). Im Sturm spielen zwar die besten Punktesammler, allerdings holt die Hälfte der Stürmer weniger Punkte als der äquivalente Bereich in Abwehr und Sturm, und vor allem mindestens 26 Punkte weniger als den Durchschnittswert.
Diese Werte bestätigen eine altbekannte Strategie des Managerspiels: billige Abwehrspieler holen, um sich die teuren Offensivspieler finanzieren zu können. Deckt sich das auch mit der Effizienz der Positionen?
Wieder sehen wir einen Boxplot mit den vorhin erklärten Werten, diesmal für die Punkte pro Million der Spieler. Tatsächlich unterstreichen auch diese Ergebnisse die Richtigkeit der erwähnten Strategie.
Stürmer liegen in allen Werten der Box jeweils unter den Abwehr- und den Mittelfeldspielern und sind damit generell die am wenigsten effiziente Position. Allerdings lassen sich auch hier sehr effiziente Spieler finden wie Modeste (187 PpM), Schade (176), Rutter (116), Burkardt (111) und Höler (106).
Umgekehrt lassen sich in der Abwehr die meisten Schnäppchen finden. Am effizientesten performen Schmitz (195), Oxford (168), N. Schlotterbeck (148) und Scally (142). Selbst die Spieler im oberen 25%-Bereich haben eine Effizienz von mindestens 70 PpM.
Beide Auswertungen sprechen eine klare Sprache. Die vielversprechendste Erfolgs-strategie ist es, in der Abwehr zu sparen und das Geld im Sturm zu investieren. Dabei sollte man bei den Stürmern genau hinschauen, um wirklich die Topscorer zu erwischen. Im Zweifel lassen sich aber in allen drei Mannschaftsteilen Schnäppchen finden.
Die Erfolgszonen im Managerspiel
Leider sind die größten Schnäppchen und die besten Stürmer nicht einfach zu finden. Überraschungsmannschaften würden nicht so heißen, wenn sie nicht unerwartet gut wären, und eine Verletzung oder Formkrise kann einen Stürmer schnell ausbremsen. Darum sind zusätzlich Spieler wichtig, die verlässlich für einen mittleren Betrag gute Leistungen liefern. Sie komplettieren die drei Erfolgszonen des Managerspiels.
Im Discounter finden sich Spieler aus allen Mannschaftsteilen mit hervorragender Effizienz von über 130 PpM. Allerdings sind viele davon schwer vorherzusagen. Ab einem Wert von 90 aufwärts ist es durchaus möglich, mehrere davon im Kader zu haben. Für Stammspieler zwischen 0 und 2 Mio Marktwert sollten demnach etwa 150+ Punkte das Ziel sein.
Die Goldgrube enthält Spieler, die sowohl überdurchschnittlich viel kosten als auch überdurchschnittlich effizient sind. Denn beides zusammen bringt Punkte satt. Bestes Beispiel aus letzter Saison ist Nkunku. Auch hier sind alle Positionen vertreten. Spieler zwischen 2 und 5 Mio sollten 170+ Punkte liefern.
Das Lewandowski-Land hatte in den letzten Jahren einen namensgebenden Alleinherrscher. Kein anderer Spieler konnte für einen so hohen Preis so viele Punkte nahezu garantieren. Nun ist das Land nach dem Wechsel Lewandowskis womöglich verwaist. Um die Nachfolge antreten zu können, sollte ein Spieler für einen Preis ab 8 Mio 300+ Punkte erreichen.
Eine interaktive Version der Grafik, in der sich alle Spieler identifizieren lassen, gibt es unter diesem Link.
Fazit und Ausblick
Um im Managerspiel erfolgreich zu sein, sollte vor allem auf günstige Schnäppchen und die richtigen teuren Topspieler gesetzt werden, wobei das Grundgerüst aus Spielern bestehen, die einen mittelhohen Marktwert mit einer guten Punkteausbeute rechtfertigen. Dazu sollten zielfindig Überraschungsmannschaften identifiziert werden.
Für Managerkenner sind das keine bahnbrechenden Erkenntnisse. Mit der Analyse werden diese langjährigen Weisheiten aber auch anhand der Zahlen unterstrichen und gefestigt.
Neben der Vereinszugehörigkeit und der Position gibt es natürlich (wie in der Einleitung erwähnt) weitere Faktoren, die einen Einfluss auf die Wertigkeit eines Spieler haben. Auch deren Effekt lässt sich analysieren, erfordert jedoch sensiblere Methoden, da diese Faktoren häufig nicht so eindeutig zuzuordnen sind wie Verein und Position.
Letztlich bezieht sich diese Analyse auf die abgeschlossene Saison 21/22. Änderungen durch äußere Umstände, neue Regeln oder eine abweichende Preisgestaltung reduzieren die Aussagekraft der hier getätigten Folgerungen. Für den Erfolg im Managerspiel ist es am wichtigsten, die beste Methode für die anstehende Saison zu wählen.
Die Möglichkeit von Änderungen der eingesetzten Spieler und Formation und die Option von bis zu vier Wechsel im Winter sorgt dafür, dass die Berechnung der wahren Lösung eine hohe Komplexität aufweist. Mit der Beschränkung auf 11 Spieler ohne Wechsel jeglicher Art lässt sich jedoch leicht eine gute Annäherung finden.