Nachdem in Teil 1 die Teams betrachtet wurden, liegt der Fokus in diesem Teil auf einzelne Spieler. Anhand der Expected Goals (xG) und Expected Goals Assisted (xAG) bzw. Expected Assists (xA) der letzten Saison wird die Torgefahr von Spielern aus der Bundesliga, der 2. Bundesliga und dem Ausland betrachtet.
Eine Erklärung von Expected Goals findet sich im ersten Teil. Für Expected Goals Assisted wird dem Vorlagengeber jedes Schusses der xG-Wert des Schusses zugewiesen. Beispiel: Musiala passt zu Kane, der einen Schuss mit xG-Wert 0.2 abgibt. Dadurch erhält Musiala einen xAG-Wert von 0.2. Für Expected Assists wird jedem Pass eine Wahrscheinlichkeit zugewiesen, dass er eine Vorlage wird, unabhängig davon, ob ein Schuss agegeben wird oder nicht. Somit sind xAG und xA jeweils ein Äquivalent von xG für Assists.
Zur Interpretation von xG gibt es einige Punkte zu beachten. Generell ist die Tor-gefahr von Spielern abhängig von unter anderem ihrer Position, Mannschaftstärke und -spielweise. Da xG Durchschnittswerte sind, gibt es durchaus Spieler, die ihre xG-Werte dauerhaft über- oder unter-performen. Welche Spieler das sind, ist jedoch nicht offensichtlich. Unter den größten Torjägern der letzten Dekade befindet sich kein einziger Topstürmer in den Top 5 der höchsten Überperformer. Im Allgemeinen ist es sinnvoller, die xG-Werte wie sie sind zu verwenden und für einzelne Spieler genau nachzuprüfen, ob diese über einen Zeitraum von mehrere Jahren davon abweichen. So bietet xG eine bessere Grundlage als die tatsächlich erzielten Tore.
Nachfolgend werden nur die Zahlen von Spielern gezeigt, die in der kommenden Saison in der Bundesliga spielen. Spieler, die in der Sommerpause in eine andere Liga gewechselt sind, werden rausgefiltert. Nur Spieler mit mindestens 900 Minuten Spielzeit werden berücksichtigt. Die Daten für die Bundesliga stammen von fbref, für andere Ligen von fotmob.
Torbeteiligungen von Bundesligaspielern
Zu Beginn werden die Werte von Spielern betrachtet, die in der letzten und kommenden Saison in der Bundesliga spielen (Stand vor dem 1. Spieltag). Diese bieten die beste Basis für eine Zukunftsprognose. Es wird unterschieden zwischen Stürmern und Mittelfeldspielern, die Aufteilung erfolgt gemäß dem kicker-Magazin.
Sturm
Links aufgelistet sind die verbleibenden Bundesligastürmer nach ihren durch-schnittlichen Torbeteiligungen pro Spiel als Summe von xG und xAG. Der Anteil von xG ist orange gekennzeichnet, der von xAG gelb.
Sofort ersichtlich ist der aktuelle Topstürmermangel der Bundesliga. Nur drei Spieler haben letzte Saison im Durchschnitt mehr als ein Tor alle zwei Spiele geschossen. Davon haben zwei (Thuram, Nkunku) die Liga verlassen, geblieben ist Haller. Nahe dran kommen Guirassy (verlässt vermutlich ebenfalls die Liga), Moukoko (kein Stammspieler, profitiert von Einwechseleffekten), Schick (schwer verletzt) und Donyell Malen. Die Hoffnung ruht auf Neulingen (siehe später).
Stürmer mit Stammplatz, die gleichermaßen Tore schießen und Vorlagen geben, sind Adeyemi, Becker, Bülter, Pléa und Höler.
Mittelfeld
Auch bei den Mittelfeldspielern fehlen die großen Torjäger. Am ehesten an 0.5 xG pro Spiel kommen Thomas Müller und Serge Gnabry, beide nicht absolute Stammkräfte. Viele der am hoch platzierten Spieler kommen mehr über Vorlagen als Tore, z.B. Coman, Brandt, Olmo oder Kainz.
Die Liste wird dominiert vom FC Bayern, der die Ränge 1-4 und 6 besetzt, da Malen im Sturm geführt wird. Mit Jonas Hofmann hat Leverkusen den torgefährlichsten Mittelfeldspieler außerhalb der Top 3 Teams geholt. Wirtz hat nach seinem Kreuzbandriss vergeichsweise wenige direkte Torbeteiligungen und hautpsächlich Vorlagen vorzuweisen. Auffallende Spieler befinden sich in Wolfsburg (Wimmer), Köln (Maina), Frankfurt (Dina Ebimbe) und Bochum (Asano).
Torbeteiligungen von Aufsteigern
Alleine durch die Aufsteiger-Teams kommen die meisten kommenden Bundesligaspieler, die letzte Saison außerhalb gespielt haben, aus der 2. Bundesliga. Auch bestehende Bundesligavereine holen sich gerne Verstärkung aus dem Unterbau. Im Folgenden werden als Aufsteiger die Spieler betitelt und gelistet, die in der Aufstiegssaison für Heidenheim und Darmstadt gespielt haben oder als Neuzugang in der Bundesliga spielen werden.
Von den Aufsteigern ist Marvin Pieringer in einer Klasse für sich. Alleine sein xG-Wert übertrifft die summierten Werte aller anderen Aufsteiger und es kommt ein guter Teil xA dazu. Er hat für den SC Paderborn 07, ein sehr offensiv ausgerichtetes Team, gespielt und ist nicht zu einem gestanden Bundesligisten, sondern dem FC Heidenheim gewechselt. Insofern ist es schwer zu sagen, ob er auch in der Bundesliga die größte Torgefahr zeigen wird.
Danach befinden sich Phillip Tietz, Tim Kleindienst und Dawid Kownacki auf einem Level um 0.45 xG pro Spiel. Alle drei kommen von und werden in unterschiedlichen Teams spielen, nur Kleindienst hat das Team nicht gewechselt. Wie gut sie weiterhin spielen, hängt neben der eigenen Leistungsfähigkeit und Entwicklung also auch von der Situation in ihren jeweiligen Mannschaften ab. Jan-Niklas Beste hängt den drei kaum hinterher, kommt als Spielgestalter aber deutlich mehr über Vorlagen.
Auffällig ist Leart Paqaradas Torgefährlichkeit von 0.4 xG+xA pro Spiel als Außenverteidiger/Schienenspieler. Vergleichbar mit Julian Justvan, der fast ausschließlich weiter vorne auf der Außenbahn oder gar im offensiven Mittelfeld eingesetzt wurde, während Paqarata die Hälfte seiner Einsätze als Außenverteidiger in der Viererkette verbracht hat.
Torbeteiligungen von Auslandsspielern
Hier ist Vorsicht angesagt! Zuvor war eine sinnvolle Vergleichbarkeit der Torbeteiligungen zwischen 1. und 2. Bundesliga innerhalb und untereinander gegeben. Bei Spielern aus dem Ausland ist das sehr begrenzt der Fall. Denn die folgenden Spieler kommen aus unterschiedlichen Ligen in Form von Spielstil und Qualität, so dass die Werte unbedingt isoliert betrachtet und richtig kontextualisiert werden müssen. Die Zusammenstellung in einer Graphik dient lediglich dem besseren Überblick.
Daten liegen vor für die ersten Ligen in England, Spanien, Italien, Frankreich, Niederlande, Portugal, Türkei, Österreich, Belgien und Brasilien. Für eine ausführliche Analyse der einzelnen Spieler sind viele Links zu externen Seiten hinterlegt.
Hier gibt es mehreren Spieler, um den Topstürmermangel in der Bundesliga zu beheben. Vor allen anderen Harry Kane. Ob viel oder wenig in den Spielaufbau eingebunden, Kane hat immer Tore satt geschossen. So auch letzte Saison in einem dysfunktionalen Tottenham. Jetzt spielt er für ein hochdominantes Team, ist damit der haushohe Favorit auf die Torjägerkanone. Durch seine exzellenten Spielmacherqualitäten könnte er zusätzlich den Offensivkollegen in München zu einer höheren Ausbeute verhelfen.
Neben Kane machen die Leipziger Loïs Openda und Benjamin Šeško Hoffnung auf viele Tore. Beide sind unterschiedliche Spielertypen, die sich gut ergänzen könnten. Openda liebt offensive Umschaltsituationen, in denen er mit Topspeed aus dem Halbraum in den Strafraum dribbelt, um aus einer guten Position mit links oder rechts abzuschließen. Auch hohe Bälle mit dem Kopf zu verwerten liegt ihm. Nur sein Pressing ist nicht auf dem Niveau der RB-Schule. Diese hat dafür Šeško durchlaufen und bringt außerdem ein gutes Verbindungsspiel mit. Aufgrund seiner Statur eignet er sich als Wandspieler und Gefahrenherd in der letzten Linie.
Als Kombinationspartner für die beiden bietet Xavi Simons Kreativität und eigene Torgefahr. Durch seine Vielseitigkeit ist Simons am ehesten mit Nkunku zu vergleichen, zumindest dem der ersten Jahre in Leipzig. Letzte Saison war er der U24-Spieler mit dem ähnlichsten Fähigkeitenprofil zu Lionel Messi. Diese Werte hat er jedoch in der offensiv geprägten Eredivisie gezeigt. Auch Fabio Carvalho, aufgrund zu wenig Spielminuten nicht in der Auflistung, ist ein vielseitiger Spielmacher mit Torriecher, scheint aber Stand jetzt nur der Backup für Olmo zu sein und muss noch an seinem Defensivverhalten arbeiten.
Einen anderen Offensivspieler mit einer hohen Zahl an Torbeteiligungen aus den Niederlanden hat sich der VfL Wolfsburg in Václav Černý geholt. Der rechte Flügelspieler schließt gerne von überall aus dem Tempodribbling ab oder spielt Vertikalpässe in das letzte Drittel. Mit seiner hohen Aktivität im Pressing sollte er sich gut in die Bundesliga einfügen. Einzig seine Verletzungsanfälligkeit macht Sorge, die letzte Saison war die erste seit Jahren ohne schwerere Verletzungen.
Robin Gosens, Franck Honorat und Alex Grimaldo sind Schienenspieler mit viel Offensivdrang. Honorat ein Breitengeber mit präzisen Flanken, die Gladbachs weiterer Neuzugang Tomáš Čvančara verwerten kann. Dieser fehlt in der Auflistung, da keine Daten für die tschechische Liga öffentlich zugänglich sind, hat aber einen starken Wert von 0.73 Toren pro 90 Min und könnte als Wandspieler fungieren.
Den vermeintlich besten Fang der drei Außenbahnspieler haben die Leverkusener gemacht. Grimaldo ist ein extrem kreativer Spieler, der seit Jahren Leistungen auf Topniveau zeigt. Dessen Profiteur wiederum könnte Victor Boniface sein, der gute Zuspiele brauchen wird. Denn um der Torgefahr von Patrik Schick nahe zu kommen, muss der Stürmer seine Werte aus der belgischen Liga deutlich steigern.